In der Welt der Softwaretests werden viele Begriffe oft synonym verwendet. „Testen“ und „Prüfen“ gehören dazu. Doch obwohl beide eng miteinander verbunden sind, beschreiben sie unterschiedliche Aktivitäten – mit unterschiedlichen Zielen, Denkweisen und Verantwortlichkeiten.
Gerade in Zeiten der Testautomatisierung ist es wichtig, diesen Unterschied zu verstehen. Denn er entscheidet darüber, wie wir Qualität wirklich messen und bewerten. Ich möchte in diesem Beitrag genauer auf die Unterschiede eingehen.
Was bedeutet „Prüfen“?
Prüfen (englisch: Checking) ist der objektive Teil des Testens.
Es bedeutet, etwas gegen eine klar definierte Erwartung zu verifizieren – also zu kontrollieren, ob ein bestimmtes Ergebnis den Vorgaben entspricht.
Beispiele:
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„Wird nach dem Login die richtige Benutzerseite angezeigt?“
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„Ist die Summe im Warenkorb korrekt berechnet?“
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„Liefert die API den Statuscode 200 zurück?“
Prüfen ist wiederholbar, messbar und lässt sich sehr gut automatisieren.
Ein Testskript kann Hunderte solcher Prüfungen durchführen – immer gleich, immer präzise.
In der Praxis heißt das:
Automatisierte Tests prüfen – sie denken aber nicht.
Was bedeutet „Testen“?
Testen (englisch: Testing) geht über das reine Prüfen hinaus.
Es ist ein kognitiver, explorativer Prozess, bei dem Menschen aktiv nach Fehlern, Inkonsistenzen oder unerwartetem Verhalten suchen.
Testen bedeutet:
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Hinterfragen: „Tut das System wirklich, was der Benutzer erwartet?“
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Beobachten: „Wie reagiert die Anwendung auf ungewöhnliche Eingaben?“
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Bewerten: „Ist das Verhalten für den Endnutzer sinnvoll und verständlich?“
Hier spielen menschliche Intuition, Erfahrung und Kontextverständnis eine zentrale Rolle.
Während das Prüfen überprüft, ob etwas funktioniert, untersucht das Testen wie gut es funktioniert und ob es sinnvoll ist.
Testen vs. Prüfen – der zentrale Unterschied
| Aspekt | Prüfen (Checking) | Testen (Testing) |
|---|---|---|
| Ziel | Verifizieren, ob erwartete Ergebnisse eintreten | Bewerten, wie das System sich verhält |
| Art | Objektiv, regelbasiert, automatisierbar | Explorativ, kritisch, menschlich |
| Durchführung | Automatisierte Skripte oder Tools | Menschen mit Fachwissen und Erfahrung |
| Ergebnis | Ja/Nein, bestanden/nicht bestanden | Erkenntnisse, Risiken, neue Fragen |
| Beispiel | „Button lädt richtige Seite?“ | „Ist der Workflow für den Nutzer verständlich?“ |
Beide Tätigkeiten sind wichtig – sie ergänzen sich gegenseitig, statt sich zu ersetzen.
Wie sich Testen und Prüfen in der Testautomatisierung ergänzen
In der Testautomatisierung übernehmen Tools wie WebdriverIO, Selenium oder Playwright vor allem den prüfenden Teil.
Ein automatisierter Test kann z. B. validieren, ob ein Button funktioniert oder eine Seite korrekt geladen wird.
Doch:
Nur ein Mensch kann beurteilen, ob das Verhalten sinnvoll ist, ob es Usability-Probleme gibt oder ob das Feature überhaupt einen Mehrwert bietet.
Ein starkes Testteam kombiniert also beides:
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Automatisierte Prüfungen, um wiederkehrende Fehler schnell zu erkennen
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Exploratives Testen, um unerwartete Probleme aufzudecken
So entsteht eine ganzheitliche Sicht auf Qualität – sowohl technisch als auch funktional.
Beispiel aus der Praxis
Angenommen, du testest ein Login-Formular mit WebdriverIO:
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Prüfen:
Das Skript überprüft, ob der Benutzer nach dem Login auf die Startseite weitergeleitet wird.
Wenn der Status „erfolgreich eingeloggt“ ist, gilt der Test als bestanden. -
Testen:
Du bemerkst während der manuellen Ausführung, dass bei einem falschen Passwort keine Fehlermeldung erscheint – oder dass die Ladezeit zu lang ist.
Diese Beobachtungen gehen über das reine Prüfen hinaus und erfordern menschliches Urteilsvermögen.
Fazit
Der Unterschied zwischen Testen und Prüfen mag auf den ersten Blick theoretisch wirken – in der Praxis ist er entscheidend:
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Prüfen zeigt, ob die Software funktioniert.
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Testen zeigt, ob die Software gut genug funktioniert.
Automatisierung kann das Prüfen übernehmen – aber nicht das Denken, Beobachten und Bewerten, das zum Testen gehört.
Erst die Kombination beider Ansätze sorgt für eine vollständige Qualitätssicherung und langfristig zufriedene Nutzer.